Berlin, 7. Juni 2018 – Das im Grundgesetz verankerte Erziehungsrecht der Eltern dient dem Kindeswohl und den Rechten der Kinder. Das sich daraus ergebende wohl austarierte Rechtsverhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat droht durch eine mögliche Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz aus der Balance zu geraten. Davor warnt Familienbund-Präsident Stefan Becker heute in Berlin, dem Tag, an dem die Bund-Länder-Arbeitsgruppe erstmals zusammenkommt. Das Gremium soll bis Ende 2019 einen Vorschlag für eine mögliche Verfassungsänderung vorlegen. Unter Berufung auf neu geschaffene Kinderrechte im Grundgesetz könne der Staat erweiterte Eingriffsrechte beanspruchen, zum Beispiel beim Sorgerecht und der Erziehung. Das könne weder im Sinne von Eltern noch von Kindern sein. Becker sagte: „In Deutschland sind Kinder bereits heute durch das Grundgesetz vollumfänglich geschützt, wie namhafte Verfassungsrechtler immer wieder erklärt haben. Man muss das Grundgesetz nur aufschlagen und anfangen zu lesen.“
"Es spricht Vieles dafür, bei den bewährten Regelungen zu bleiben."
„Welche Eltern, die ihre Kinder frei und selbstbestimmt erziehen wollen, können ernsthaft wollen, das ihr Erziehungs- und Sorgerecht möglicherweise durch staatlichen Eingriff beschnitten würde, verbrieft durch ein geändertes Grundgesetz?“, sagte Becker. „Deutschlands Verfassung folgt einem im besten Sinne liberalen Geist: Der Schutz von Kindern ist in idealer Weise verbunden mit dem Freiheitsvertrauen in die Sorge- und Erziehungsarbeit der Eltern. Das ist das grundlegende und wertvolle Rechtsverständnis von Familie. Darüber hat der Staat zu wachen. Es spricht deshalb Vieles dafür, bei den bewährten Regelungen zu bleiben“, erklärte Becker.
„Die Aufnahme von speziellen Kinderrechten im Grundgesetz wäre nicht mehr als wirkungslose Symbolpolitik, die vom eigentlich Nötigen ablenkt“, sagte der Präsident des Familienbundes der Katholiken weiter. „Deutschlands Mütter, Väter und Kinder haben entschieden mehr verdient: vor allem mehr Zeit für- und miteinander, die Verbesserung der Kitaqualität für die Jüngsten, aber auch den Ausbau der Kinder- und Jugendhilfe, die Erhöhung und Reform des Kindergeldes. Das sind die Themen, die Familien auf den Nägeln brennen, die die Politik angehen muss. – Wie den Rechten und Bedürfnissen von Kindern Rechnung zu tragen ist? Genau so!“
"Es sind die Eltern, die für ihre Kinder grundlegende Entscheidungen fällen und fällen müssen."
Becker erinnerte daran, dass besonnene Verfassungsrichter die Grundrechte für Kinder seit den Anfängen der Bundesrepublik in zahlreichen Urteilen ausbuchstabiert und weiter gestärkt hätten. 1992 sei Deutschland der UN-Kinderrechtskonvention beigetreten, dem weltweiten Übereinkommen zur Wahrung von Kinderrechten. Das umfassende und anerkannte Schutzkonzept Deutschlands zugunsten von Kindern, basierend auf der Verfassung, konkretisierender Rechtsprechung und dem Abkommen der UN, setze Maßstäbe. Es trage der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern Rechnung. Und der großen Bedeutung von Kindern für unsere Gesellschaft.
„Angesichts dieser vorbildlichen Rechtslage liegt die bislang öffentlich kaum gestellte Frage auf der Hand: Warum sollen zusätzlich Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden?“, sagte Becker. „Die politische Forderung suggeriert eine rechtliche Lücke beim Schutz von Kindern – eine Lücke, die es jedoch nicht gibt! Stattdessen drohen Gefahren, würden Kinderrechte tatsächlich den Weg ins Grundgesetz finden. Wer Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen will, der schwächt die Elternrechte. Machen wir uns aber bewusst: Die Interessen des Kindes werden in aller Regel am besten von den Eltern wahrgenommen. Es sind die Eltern, deren verantwortliche Sorgearbeit für die Entwicklung von Kindern zentral ist. Es sind die Eltern, die für ihre Kinder grundlegende Entscheidungen fällen und fällen müssen. Das Grundgesetz kann klarer nicht sein: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht, heißt es in Artikel 6, Absatz 2. Der Staat greift dann ein – aber auch nur dann! – wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Und wenn er eingreift, leistet er Hilfe zur Selbsthilfe, damit Eltern schnell wieder ihrer Erziehungsverantwortung gerecht werden können.“