Anlässlich der heutigen Sachverständigenanhörung zur Kindergrundsicherung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages ruft der Familienbund der Katholiken die Abgeordneten zu einer kritischen Überprüfung des bisherigen Konzepts auf. Aus seiner Sicht werden die mit dem Reformvorhaben verbundenen Ziele nicht erreicht. Weder kommt es zu einer deutlich besseren finanziellen Unterstützung einkommensschwächerer Familien, noch zu einer merklichen Vereinfachung.
Berlin, 13. November 2023. „Kinder sind unsere Zukunft. Sie benötigen für ein gutes Aufwachsen soziale Teilhabe und gute Bildungschancen. Wenn jedes fünfte Kind in Armut aufwächst, bleiben zu viele Kinder zurück. Diesen dringlichen Missstand anzugehen, liegt also auf der Hand“, erklärt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken. „Die Reform muss aber die für sie vorgesehenen Gelder bestmöglich für Familien einsetzen. Wenn ich Verkomplizierungen sehe, wo es eigentlich einfacher werden sollte, und hohe Anteile des Budgets dauerhaft für eine neue Verwaltungsstruktur verwendet werden sollen, scheinen mir die Grundgedanken der Kindergrundsicherung aus dem Blick zu geraten.“
Mit der Kindergrundsicherung hat sich die Regierung vorgenommen, die Kinderarmut in Deutschland zu reduzieren und für Kinder deutlich bessere Teilhabechancen zu schaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Zusammenlegung mehrerer Familienleistungen vor, für deren Verwaltung die Familienkassen bei der Bundesagentur für Arbeit zum Familienservice ausgebaut werden sollen.
Der Familienbund fordert, dass die Familien die Leistungen aus einer Hand erhalten. Jedoch wird es für Familien im Bürgergeldbezug komplizierter. „Bisher erhalten arme Familien die Grundsicherung für alle Familienmitglieder vom Jobcenter. Jetzt sollen sie für die Kinder zusätzlich zum Familienservice – und wenn die neue Kindergrundsicherung nicht ausreicht, dann doch wieder ergänzend zum Jobcenter. Das erscheint mir nicht durchdacht“, so Ulrich Hoffmann. „Das Vom-Kind-aus-Denken führt hier dazu, dass die Familie als Ganzes aus dem Blick gerät. Wer aber wirklich vom Kind aus denkt, denkt an die Familie.“
Auch zur Ersparung von Verwaltungskosten sind laut Hoffmann Doppelzuständigkeiten zu vermeiden, um den Familien die Leistungen aus einer Hand zu gewähren und mehr Geld für die Familien selbst zu verwenden. „Allein die geplante Verwaltungsumstellung wird jährlich Kosten in Höhe von 408 Millionen Euro verursachen, die an anderer Stelle des Haushaltes des Familienministeriums eingespart werden müssen. Das geht direkt zu Lasten anderer familienpolitischer Maßnahmen, ohne dass ein klarer Vorteil für die Familien erkennbar wäre.“
Ulrich Hoffmann hält auch eine bessere finanzielle Unterstützung einkommensschwächerer Familien für notwendig: „Ohne eine spürbare Leistungserhöhung, die die Grundbedarfe von Kindern tatsächlich sichert und Familien mit kleinen bis hin zu mittleren Einkommen stärker unterstützt, wird sich die Kinderarmut nicht reduzieren lassen. Bisher gibt es noch keine transparenten Darstellungen der Regierung, in welchen Einkommensbereichen durch die Neuregelung Besserstellungen generiert werden. Ich fürchte, dass es an einigen Stellen zu Schlechterstellungen kommen wird. Die Regierung sollte den intern sicherlich vorliegenden Vergleich des geltenden und des geplanten Rechts den Abgeordneten und der Öffentlichkeit vorlegen.“
Ein Großteil der vorgesehenen zahlreichen Umetikettierungen und Neuzuordnungen bringen kaum Gewinn für Familien, sondern stiften eher inhaltliche wie rechtliche Verwirrung. An vielen Stellen des Entwurfs werden Regelungen zum Kindergeld und dem Kinderzuschlag übernommen, jedoch mit neuen Begriffen versehen. Dort wo sich nichts ändert, sollten die bisherigen Begriffe erhalten bleiben. Die geplante Umbenennung des Kindergeldes in Kindergarantiebetrag sollte daher unterbleiben.
Die steuerrechtlichen Regelungen bewertet Ulrich Hoffmann positiv: „Ich begrüße die Beibehaltung der vollen steuerlichen Freibeträge für Kinder, denn alle Familien haben einen Anspruch auf faire Besteuerung. Kinder führen zu einer reduzierten steuerlichen Leistungsfähigkeit, die nach den allgemeinen Prinzipien der Besteuerung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu berücksichtigen ist.“